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Montag, 27. Dezember 2010

Ein Team das hat zwei Modi, zwei Modi hat ein Team

Schade, dass in diesem Beitrag von Bernd Oesterreich das Team so einseitig gezeichnet ist. Es ist fast ausschließlich im operativen Modus beschrieben. Ein Fußballteam während des Spiels.

Ungleich und nicht gleichberechtig: so sollen Teammitglieder vor allem sein? Wussten wir das aber nicht immer schon und haben der sozialromantischen Version demokratischer Kuschelteams misstraut? Nun wissen wir endlich, dass wir damit richtig lagen.

Oder?

Für meinen Geschmack wurde hier bei allem systemischen Ansatz leider das Kind mit dem Bade ausgeschüttet.

Klar, im operativen Modus, wenn das Spiel läuft, wenn Arbeit weggeschafft werden muss, wenn es ums Koordinieren von Handgriffen geht, dann ist "Ansagen" ein probates Mittel. Dann sind die Teammitglieder ungleich, weil immer einer etwas mehr Überblick hat als andere. Im Tagesgeschäft sind demokratische Entscheidungen oder gar Konsens hinderlich, weil ineffizient. Dann gehts um Ausführen, ums abarbeiten.

Der operative Modus ist aber nicht alles. Kann es nicht sein, weil es in einen Rahmen braucht. Auf den spielt Bernd Oesterreich zwar an

[…] erst schaut das Team, wer entscheiden soll und fallbezogen kompetent ist, dann entscheiden die ausgewählten Entscheider.

aber der ist für ihn Nebensache. Schade. Denn hier bestünde die Chance, dem Team eine wahrhafte Selbstorganisation einzuräumen, ohne die operative Effizienz in Sozialromantik zu ersticken.

Der Schlüssel liegt aus meiner Sicht in einer klaren Separation of Concerns (SoC). Warum sollte die auch nur im Softwareentwurf vorteilhaft sein? ;-)

Entscheidungsmethoden und –wege im operativen Geschäft sind klar zu trennen von Entscheidungsmethoden und –wegen der Rahmendefinition. Ein selbstorganisierendes Team tut nicht nur etwas im Sinne seines Zwecks, sondern organisiert sich eben auch, um ihn in bester Weise zu erfüllen.

Wie die Organisation im operativen Geschäft aussieht, ist dabei gar nicht so spannend. Darüber schreibt Bern Oesterreich aber vor allem. Wer geglaubt hat, das Konzept der Selbstorganisation mache darüber eine Aussage oder würde gar Gleichberechtigung und Demokratie “während des Spiels” empfehlen, hatte es schon immer missverstanden.

Selbstorganisation bezieht sich vielmehr auf die Rahmengebung, d.h. auf die Metaebene. In der Selbstorganisation entscheidet das Team, also alle Mitglieder kollektiv, darüber, wie es sich für das operative Geschäft organisiert. Wie diese Entscheidungen ausfallen, ist egal. Wie sie getroffen werden, ist spannend.

Da kommt man nämlich nicht an Gleichheit und Gleichberechtigung vorbei, wenn Selbstorganisation noch irgendwie einen Unterschied machen soll. Selbstorganisation bedeutet schlicht, dass die Teammitglieder in allen Rahmenentscheidungen gleich und gleichberechtigt sind. In Rahmenentscheidungen entscheidet kein Einzelner, sondern das Team als Ganzes. Alles andere würde das Team in Bezug auf Rahmenentscheidungen zu einer Gruppe degradieren, für die gedacht und entschieden wird.

Gerade in der Gemeinsamkeit der Entscheidung für den eigenen Rahmen zeigt sich das, was ein Team unterscheidet von einer Gruppe. Dass Menschen im operativen Geschäft als Team arbeiten, mag schwierig sein. Aber es ist umso schwieriger, je weniger diese Menschen sich gemeinsam einen Rahmen geben können. Denn die gemeinsamen durchlaufenen Prozesse zur Rahmenfindung und der von allen getragene Rahmen sind wesentliche Bestandteile der Kultur eines Teams.

Wer Selbstorganisation als sozialromantisch abtut und auf die Wahl von Führern stutzt, verschenkt großes Potenzial für die Motivation und bremst die “kollektive Intelligenz” des Teams aus.

Aber alles wird einfach, wenn man die zwei Modi eines Teams klar unterscheidet: operatives Geschäft und Rahmengebung. Dann kann Ungleichheit und Gleichheit, dann kann “Ansagen” und gemeinschaftliche Entscheidung nebeneinander existieren. Kein entweder-oder, sondern sowohl-als-auch.

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