Wer kennt das nicht: Im Laufe eines Tages, eines Jahres oder Lebens nimmt man sich immer wieder vor, Handlungs -, Verhaltens -, oder Arbeitsweisen zu ändern, loszulassen und neu zu lernen. Und fast ebenso häufig müssen sich die meisten von uns eingestehen, die eigenen Vorsätze nicht umgesetzt zu haben. Das frustriert, jedes Mal aufs Neue.
Im Privatleben betrifft dieses Phänomen die berühmten guten Vorsätze, die alle Jahre wieder zum Jahreswechsel Hochkonjunktur haben und meist Ende Januar schon wieder im Sande verlaufen sind: “Ich fange endlich mit einem Sportprogramm an!” oder “Schluss mit dem Rauchen im neuen Jahr!”
Im Berufsleben berichten von diesem Erleben immer wieder Selbständige und Angestellte gleichermaßen:
Kundentermine vor Ort oder Deadlines, die direkt mit einem Kundenprojekt und also mit der Kernkompetenz des Freiberuflers oder Angestellten zu tun haben, stellen in der Regel kein Problem dar.
Aber neben den Arbeiten, die man für Kunden oder Kollegen oder den Chef zu erledigen hat, gibt es zahlreiche Tätigkeiten im Job, die man für sich erledigen oder auch in Angriff nehmen möchte. Aufgaben, die man sich selbst vorgenommen hat, ohne dass es eine im Außen begründete Notwendigkeit oder einen Termin dafür gibt.
Bei Selbständigen betrifft das häufig das Thema Akquise. Dazu können Social Media Aktivitäten oder auch Nachfasstelefonate gehören. Für viele Freiberufler ist auch das Thema Buchhaltung oder Büroorganisation im Allgemeinen ein rotes Tuch.
Doch selbst wenn es für all diese Themen keinen direkten dringenden Termin gibt, werden Sie früher (Buchhaltung) oder später (Akquise) zu einem schwerwiegenden Problem, wenn man sich ihnen nicht widmet. Bis das Problem akut wird, kommt erschwerend hinzu, dass es viele Betroffene permanent belastet. Am Feierabend oder am Wochenende kreist im Kopf „Ich wollte, müsste doch eigentlich…..“ und von Tag zu Tag wird der Angang schwerer.
Für Angestellte ist in diesem Bereich ein häufiger Vorsatz z.B.: ein klärendes Gespräch mit Chef oder Kollegen führen, sich fachlich weiterbilden, endlich „Nein sagen” lernen oder mindestens einmal die Woche pünktlich nach Hause zu gehen. Viele Angestellte wissen oder ahnen auch, dass sie ihr persönliches Zeitmanagement verbessern möchten, haben bereits Bücher gelesen und Seminare besucht, schaffen es aber im hektischen Alltag nicht einmal, täglich für fünf oder zehn Minuten zu reflektieren – obwohl das eine Grundvoraussetzung ist, um überhaupt irgendeinen Veränderungsprozess anzustoßen.
Dieses beständige, immer wieder nicht Einhalten der eigenen Vorsätze macht auf Dauer keine gute Laune, ist dem Selbstbewusstsein nicht förderlich und kann im schlimmsten Falle, egal ob im Berufs- oder Privatleben, das Auftreten von physischen und psychischen Krankheiten beschleunigen.
Wie kann man diesen Teufelskreis der sich wiederholenden persönlichen Niederlagen durchbrechen?
Es gibt aus meiner Sicht ein sehr einfaches und erstaunlicherweise so wenig genutztes Rezept. Und zugegeben, ich bin auch erst spät darauf gekommen, inspiriert von einem Beitrag auf der Konferenz der Professional Organizer in Amerika.
Die Lösung heißt: Accountability-Partner
Viele kennen aus der Personalentwicklung das Mentoring oder oder aus Kultur und Marketing das Sponsoring. Eine Accountability Partnerschaft ist dagegen meist eine Unterstützung auf Augenhöhe. Viele Menschen sagen von sich, dass sie anderen Menschen bei bestimmten Dingen gut helfen können und genau in den gleichen Dingen mit sich selbst nicht gut umgehen. Wenn sich also zwei Menschen zusammentun, die üblicherweise geneigt sind anderen besser zu helfen als sich selbst, ist das die perfekte Ergänzung und sehr gewinnbringend für beide Partner. Accountability-Partner unterstützen sich wechselseitig.
Accountability Partner kann ein Freund, ein Kollege, Kooperationspartner oder auch eine Person sein, die Sie in einem Café oder auf einer Konferenz kennengelernt haben. Es reicht, dass Sie festgestellt haben, dass Sie beide (oder auch mehrere Personen) Dinge, die Sie tun oder erreichen wollen, immer wieder vor sich her schieben – und den Wunsch haben, das nochmal mit Unterstützung anzugehen. Die Personen, die persönlichen Vorsätze, Ziele und die Branche in der die Beteiligten arbeiten, können sehr verschieden sein. Wichtig ist, dass alle Beteiligten ein Verständnis dafür haben, sich gegenseitig zu helfen.
Das heißt konkret, ein Accountability Partner schildert dem anderen, was er erreichen möchte, wie und in welcher Zeit. Es wird verabredet, welche Hilfestellung einander guttut.
Auch das kann sehr verschieden ausgestaltet sein. Accountability Partner können sich zu täglichen Telefonaten, Chats, wöchentlichen oder monatlichen Telefonaten oder Treffen verabreden. Manch eine Accountability Partnerschaft erstreckt sich dank moderner Kommunikationsmittel über Kontinente, ohne dass sich die Partner regelmäßig oder jemals (wieder) sehen.
Ich habe zum Beispiel mit meinem Kollegen und Freund Ralf Westphal für meine Accountability-Partnerschaft verabredet, dass ich einmal die Woche bloggen und auf den entsprechenden Social Media Plattformen auf meine Artikel aufmerksam mache. Kein Kunde, kein Kollege, kein Finanzamt erwartet - schon gar nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt - einen Artikel von mir. Aber mein Accountability Partner Ralf fragt danach, er „zieht“ sozusagen an mir. Das wirkt.
Ich bekomme die meisten Kunden für meine Dienstleistungen als Personal Organizer und Organisationsberaterin über das Internet, ja konkret, die Menschen sagen mir, dass Sie mich gegoogelt hätten. Meine Homepage ist also mein Hauptakquisetool. Mal abgesehen davon, dass mir das Weitergeben von hilfreichen Informationen Spaß macht, ist es also auch betriebswirtschaftlich meine „heilige Pflicht“, meine Homepage zu pflegen und aktuell zu halten. Zu bloggen macht mir Spaß, aber ich brauche lange für einen Artikel. Ich habe viele Themen und Ideen im Kopf, die anderen Leuten aus dem Organisationssumpf helfen könnten, aber ich schiebe das Schreiben oft vor mir her.
Mit Ralf chatte oder telefoniere ich deshalb immer kurz am Sonntag, ob es bei dem Wochenplan bleibt. Wir kontakten uns Mitte der Woche noch einmal, ob alles im Fluss ist und freuen uns am nächsten Sonntag gemeinsam über das Erreichte.
Wir beschäftigen uns beide auf verschieden Weise und in verschiedenen Branchen mit Produktivität und Unternehmensorganisation. Das ist natürlich ein Glücksfall, da wir uns auch thematisch befruchten. Ich hatte aber in einer persönlichen Angelegenheit, dem Abgewöhnen einer Verhaltensweise, auch schon eine Accountability Partnerin. Außer dem gemeinsamen Interesse die vereinbarten Ziele zu erreichen, hatten wir dort keine Gemeinsamkeiten. Es hat dennoch sehr gut funktioniert.
Meinem Accountability Partner fällt das Schreiben sehr leicht, er hat sich daher zwei Blogartikel mit den entsprechenden Social Media Aktivitäten für jede Woche vorgenommen. Daneben hat er sich für jeden Freitag ein halbes Stündchen Buchhaltung in sein Programm geschrieben. An diese Aufgaben erinnere ich ihn – und wenn er vom “Plansoll” abzuweichen droht, überlegen wir gemeinsam, wie er wieder auf Kurs kommen kann.
Seit ich Ralf als Accountability-Partner habe, klappts mit dem Bloggen. Sich mit jemanden, der zwar andere Themen, aber ähnlich gelagerte Probleme hat, darüber auszutauschen, spornt an und macht Freude. Inzwischen habe ich immer am Mittwoch schon meine selbst gestellten Aufgaben erledigt. Und das Ergebnis meiner Vorsätze kann ich auch noch ohne großen Aufwand in Zahlen sehen. Google Analytics machts möglich. Ich bin überzeugt, in einigen Wochen wird das wöchentliche Bloggen eine Routine sein und ich kann mit Ralf den nächsten Vorsatz angehen.
Gute Gründe für einen Accountability Partner
1. Jemand der wöchentlich auf positive Weise an die eigenen Vorsätze erinnert, sorgt auf einfache Weise für die extra Portion Motivation und damit Produktivität. Ein Accountability Partner hilft Ihnen, sich zu fokussieren und die eigenen Ziele zu erreichen.
2. Es beflügelt, wenn sich jemand regelmäßig für Ihre Ergebnisse interessiert und allein schon die Handlung würdigt - Mütter zählen bei solchen Vorhaben nicht☺ Manches Mal muss man ja scheinbar Banales einüben oder loslassen, das anderen Menschen ganz leicht fällt und die einem deswegen keine Anerkennung schenken. Und wir brauchen Anerkennung, insbesondere um die scheinbar schwierigen Dinge bewältigen zu können.
3. Wenn man einen privaten oder geschäftlichen Erfolg erzielt hat, ganz gleich ob bahnbrechend oder winzig, der Accountability Partner freut sich mit.
4. Es macht Spaß, Accountability Partner für jemand anderen zu sein. Mit eigenen Ideen, oder auch nur Nachverfolgungsanrufen- oder Treffen die Entwicklung und Fortschritt bei einem anderen Menschen zu begleiten, macht große Freude.
5. Manchmal hat man eine Idee fürs Business, weiß aber nicht genau, ob sie tatsächlich die richtige ist und denkt sich in eine Sackgasse. Und man ahnt, dieses nur „in der eigenen Suppe schwimmen“ führt nicht zu einem richtigen Ergebnis. Die eigenen Ideen aus einer anderen Perspektive zu betrachten, wäre schön. Ein Accountability Partner wird gern ehrliches Feedback geben.
6. Wenn Sie sich einmal überrumpelt fühlen von der täglichen Hektik und gar nicht mehr wissen, wo anfangen, dann bringt ein Accountability Partner Sie zurück auf den Boden der Tatsachen. Er hilft den Kopf zu heben und den ersten Schritt aus dem Hamsterrad zu tun.
Machen Sie nun den ersten Schritt und suchen Sie sich einen Accountability-Partner oder schildern Sie uns hier Ihre Erfahrungen. Es gibt bestimmt das eine oder andere, das Sie verändern möchten und bei dem Sie ein bisschen “Zug” gebrauchen können.
Die Gastbloggerin
Andrea Kaden ist Professional Organizer und Inhaberin vonZeitgewinn Hamburg (Twitter: @Zeitgewinn). Ihre Leidenschaft ist das Organisieren und ständige Optimieren von Arbeitsabläufen im Office. Dabei ist Ihr das Entwickeln von neuen Organisationskonzepten- und strukturen fürs Büro ebenso wichtig wie das unkomplizierte “Zupacken” vor Ort. In Ihren Workshops lieg es ihr getreu den Kaizenprinzipien am Herzen, die Mitarbeiter und ihre Ideen einzubinden und zur aktiven Beteiligung am kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu motivieren. Neben Ihrer Tätigkeit in großen und kleinen Unternehmen hält Andrea Kaden Vorträge und Workshops zum Thema „Papierloses Büro“.
7 Kommentare:
"Ich habe zum Beispiel mit meinem Kollegen und Freund Ralf Westphal für meine Accountability-Partnerschaft verabredet, ..."
"Eingestellt von Ralf Westphal"
Ok, der Beitrag ist als "Gastbeitrag" gelabelt. Trotzdem wäre eine explizitere Kennzeichnung und die Angabe des eigentlichen Autors nicht schlecht.
... damit meinte ich natürlich gleich zu Beginn des Artikels.
@Anonym: Während du dich leider nicht mir Namen outtest, steht im Artikel deutlich die Autorin benannt mit Foto und Kurzbio. Ist das nicht offensichtlich genug?
Was zählt, wer den Artikel hochgeladen hat? In jeder Zeitschrift stehen Artikel auch nicht, weil Autoren sie layoutet und redigiert haben, sondern Layouter und Redakteure. Die Redakteure sind dann auch nochmal separat ausgewiesen (oft am Ende der Artikel). Nicht anders ist das im Grunde hier.
@Anonym: Eine Benennung der Gastautorin am Anfang ist nicht so gut, weil die Information weniger wichtig ist als ein Einstieg ins Thema. In RSS-Feeds würde dann eher stehen, von wem der Artikel ist, als ein mundwässernder Anfang.
Aber ich will deine Anregung mal im Herzen bewegen. Vielleicht ginge es, einen Kasten mit der Autoreninfo irgendwo weiter oben im Text zu haben. Hm... Mal schauen.
Ja, ich war auch etwas verwirrt als ich in der Mitte des Textes "mit meinem Kollegen ... Ralf Westphal" las. Danach habe ich erst mal hoch gescrollt, ob ein anderer Autor an gegen war. Aber erst am Ende des Artikels kam die Aufklärung.
An sich jetzt nichts schlimmes, aber ein Block ist eben eine sehr personalisierte Sache und nicht mit einer Zeitschrift oder einem online-Magazin zu vergleichen.
Im http://www.notizbuchblog.de/ steht der Autor z.B. gleich oben links.
Danke!
Einfach nur Danke für diesen Beitrag.
Gruß, Ich
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