Mittwoch, 9. April 2014

Wichtiges verlässlich erledigt kriegen

Erledigt wird nur, was dringend ist. Ich denke, darin stimmen wir überein.

Aber es gibt Wichtiges und es gibt Dringendes. Beides muss erledigt werden – nur schiebt sich das Dringende scheinbar oft, allzu oft vor das Wichtige.

Das Wichtige

Das ist misslich und früher oder später gefährlich, denn das Wichtige ist ja das, was getan werden muss. Das macht seine Definition aus: Was bei Unterlassung über kurz oder lang zu einer Gefährdung der Existenz eines Systems führt, ist wichtig.

Ein Beispiel: Der Zweck einer Softwareschmiede ist (zumindest), mit Software soviel Geld zu verdienen, dass die daran beteiligten Menschen auf unbestimmte Zeit, d.h. jetzt und in Zukunft ihr Auskommen haben.

Im Hinblick auf diesen Zweck ist es unter anderem wichtig...

•    fähige und motivierte Menschen zu beschäftigen (Personalwesen),
•    attraktive Software herzustellen (Softwareentwicklung),
•    die Software dem Markt bekannt zu machen (Marketing),
•    für die Software Kunden zu bekommen (Vertrieb),
•    Kunden zu betreuen (Support, Schulungen)
•    mit Kunden und Lieferanten und Mitarbeitern abzurechnen (Buchhaltung)
•    Steuern zu zahlen (oder auch zu sparen) (Buchhaltung, Steuerberatung)
•    den Markt zu beobachten und Strategien zu definieren (Geschäftsführung)

Wenn eine dieser und weiterer Wichtigkeiten für längere Zeit unbeachtet bleibt, dann wird die Existenz der Softwareschmiede bedroht.

Nicht wichtig ist gewöhnlich hingegen, einen speziellen Mitarbeiter zu bekommen/halten, eine bestimmte Rechnung zu schreiben, ein spezifisches Feature einzubauen, einen bestimmten Kunden zu bekommen, einen speziellen Rechner zu kaufen usw.

Einzelnes ist nicht wichtig, sondern höchstens dringend. Oder wenn Einzelnes wichtig ist, dann ist es eine systemrelevante Größe. Dann ist Gefahr im Verzug!

Da nun selbstverständlich ausschließlich getan werden soll, was unter das Dach von etwas Wichtigem gehört, ist das Dringende immer auch etwas Wichtiges.

Damit schließt sich der Kreis: Wichtiges wird also doch getan. Zumindest sobald es dringend geworden ist. Das bedeutet unzuverlässig. Und das bedeutet oft spät. So spät, dass die Arbeit sich ausnimmt wie krampfhaftes Zucken, denn koordiniertes Voranschreiten.

Wie kann das verhindert werden?

Das Dringende

Wichtiges und Dringendes sind mithin keine Gegensätze. Dringendes ist vielmehr eine Sonderform des Wichtigen. Was es so besonders macht, das ist seine Konkretheit in Bezug auf Zustände.

Dringendes hat einen konkreten Ziel- oder Erledigungszustand sowie einen existenzbedrohenden Zustand. Immer ist es an Zeit gekoppelt, oft auch an einen Termin. Erledigung des Dringenden soll den Zielzustand herstellen; bleibt das Dringende hingegen unerledigt, tritt der existenzbedrohende Zustand ein.

Beispiel 1: Steuererklärung. Steuern zu zahlen, ist wichtig. Deshalb muss jährlich eine Steuererklärung abgegeben werden. Diese Tätigkeit ist jedoch nicht per se dringend. Sie wird erst mit der Zeit dringend, wenn der Abgabetermin näher rückt. Verstreicht der Abgabetermin ohne Steuererklärung, kann das existenzbedrohende Folgen haben.

Beispiel 2: Angebotsabgabe. Aufträge zu gewinnen, ist wichtig. Deshalb müssen immer wieder Angebote abgegeben werden. Oft unterliegt diese Abgabe einem Termin. Ein Angebot abzugeben ist jedoch nicht per se dringend. Es wird erst mit der Zeit dringend, wenn der Abgabetermin näher rückt. Verstreicht der Abgabetermin ohne Angebot, kann das – zumindest wenn es häufiger geschieht – existenzbedrohende Folgen haben.

Beispiel 3: Geldreserve. Eine Geldreserve zu haben, ist wichtig. Nur so können Schwankungen im Umsatz ausgeglichen werden, um weiterhin Verbindlichkeiten nachzukommen und Löhne zu zahlen. Deshalb ist die Aufstockung der Geldreserve jedoch nicht per se dringend. Sie wird es erst, wenn sich die Geldreserve dem Nullpunkt nähert. Allemal wenn die Geldreserve auf Null ist, ist die Existenz bedroht, sofern die Umsätze zu schwach sind.

Zielzustand und existenzbedrohender Zustand sind in den Beispielen klar. In den ersten Beispielen ist der Wechsel vom aktuellen Zustand in den einen oder anderen quasi binär und termingebunden. Im dritten Beispiel hingegen ist er graduell und nicht termingebunden, sondern wertgebunden.

Wann wird eine Tätigkeit oder allgemeiner der Eingriff in die Entwicklung eines Zustands nun dringend? Wenn das Risiko groß wird, in der verbleibenden Zeit den Zielzustand nicht zu erreichen.

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Das Risiko ist an den Aufwand gekoppelt. Ist der Aufwand sehr klein und auch nicht selbst noch mit Unwägbarkeiten behaftet, gibt es bis kurz vor Erreichen des existenzbedrohenden Zustands keine Dringlichkeit. Ist der Aufwand hingegen groß oder gar unbekannt, stellt sich Dringlichkeit schon lange vor Erreichen des existenzbedrohenden Zustands ein.

Zu Beispiel 1: Wie groß ist der Aufwand für eine Steuererklärung? Bei mir dauert es ca. 1 Tag, um alle Unterlagen und Daten zusammenzutragen. Anschließend braucht der Steuerberater nochmal ca. 4 Wochen. Diese Aufwände sind mit wenig Unsicherheit behaftet. D.h. dringend wird für mich die jährliche Steuererklärung vielleicht 5 Wochen vor Abgabetermin.

Zu Beispiel 2: Wie groß ist der Aufwand für das Angebot? Vielleicht dauert es nur 1 Stunde, vielleicht dauert es aber auch 1 Woche, um alles durchgerechnet und formuliert zu haben. Wie unwägbar ist der Aufwand? Statt 1 Stunde könnten es auch 2 sein? Statt 1 Woche auch 3? Wenn der Versand per Email quasi in Nullzeit erfolgt, dann wird das Angebot 2 Stunden bzw. 3 Wochen vor Abgabetermin dringend.

Zu Beispiel 3: Wie groß ist der Aufwand, die Geldreserve wieder aufzustocken bis sie das nächste Mal in Anspruch genommen werden muss? Vielleicht geschieht das durch eine absehbare Zahlung eines Kunden in der nächsten Woche, vielleicht braucht es aber auch Wochen und Monate. Im ersten Fall tritt Dringlichkeit vielleicht gar nicht ein, weil die Entwicklung des Reservebestands bis nächste Woche nicht bei Null angekommen sein wird. Im zweiten Fall ist die Aufstockung eher kontinuierlich dringend, solange die Reserve unterhalb einer Sollmarke liegt.

Das Wichtige verdringlichen

Mit der Zeit wird alles Wichtige dringend. Wenn wir das aber passiv zulassen, dann reagieren wir nur noch. Dann sind wir nicht mehr Herr im eigenen Haus, sondern werden „Spontanbränden“ zur ewigen Feuerwehraktionen gezwungen.

So lässt sich ein Unternehmen führen – sogar recht lange, wie ich immer wieder feststellen muss. Aber macht das Spaß? Ist das ökonomisch? Das bezweifle ich.

Ich ziehe Agieren dem Reagieren vor. Ich ziehe fließende ruhige Abarbeitung dem Hinterherhecheln vor.

Dafür ist es unabdingbar, das Wichtige nicht aus den Augen zu lassen. Sonst erschreckt es uns irgendwann.

Wenn nun aber anscheinend nur das Dringende getan wird, muss das Wichtige von vornherein auch dringend sein. Wir müssen es also bewusst und angemessen verdringlichen. Wie kann das geschehen?

Beobachtung

Am Anfang steht für mich, sich des Wichtigen überhaupt erst einmal bewusst zu werden – und dann das Wichtige zu beobachten. Wie entwickeln sich wichtige Metriken? Steigen oder fallen Mitarbeiterfähigkeit, Mitarbeitermotivation, Vertriebserfolg, Softwarequalität, Betreuungszufriedenheit usw.?

Daraus ergeben sich früher oder später wünschenswerte und existenzbedrohende Werte für die Metriken und auch Entwicklungskurven.

Planung

Wenn insbesondere die existenzbedrohenden Zustände und ihre Entwicklungskurven bekannt sind, dann plane ich konkrete Kompensationen ein, soweit das geht. Für die Steuererklärung trage ich einen Tag 5 Wochen vor dem Abgabetermin ein. Für die Angebotsabgabe blocke ich z.B. 4 Stunden ein oder zwei Tage vor Abgabetermin – sobald ich den kenne.

Auf diese Weise überrascht mich das Wichtige nicht, sondern ich kann ihm mit einem Blick in den Kalender immer ins Auge sehen. So kann ich andere Tätigkeiten danach ausrichten und das Wichtige läuft nicht Gefahr, unter den Tisch zu fallen.

Gewohnheit

Nicht alles Wichtige ist termingebunden oder in seiner Entwicklung länger vorher absehbar. Punktuelle Termine kann ich in den Kalender nicht eintragen. Deshalb muss ich aus der Behandlung des Wichtigen eine Gewohnheit machen.

Meine Geldreserve stocke ich regelmäßig jeden Monat mit einem bestimmten Betrag auf. Um meine Fakturierung kümmere ich mich regelmäßig einmal im Monat. Um meine Positionierung kümmere ich mich jeden Tag eine Stunde. Um das Lernen kümmere ich mich jede Woche 4 Stunden usw.

Hier löst nicht ein „Hau-ruck-Aufwand“ das Problem, sondern Kontinuität. Das Wichtige wird nicht on-demand angegangen, sondern ständig in mehr oder weniger kleinen Häppchen. Das Motto: “Stehter Tropfen hölt den Stein.”

Automatisation

Geplante und rhythmisierte Maßnahmen muss ich noch selbst übernehmen. Ein nächster Schritt ist die Übertragung des Wichtigen an einen Automaten. Der kann geplant, rhythmisch oder on-demand Zustände beobachten und kompensierende Maßnahmen durchführen. Ein Beispiel dafür ist der Dauerauftrag ans Finanzamt für die Einkommenssteuervorauszahlung. Aber auch die Garbage Collection einer Runtime gehört dazu: statt das Wichtige – Speicherverwaltung – dem “Zufall” (oder der mehr oder weniger entwickelten Fähigkeit von Entwicklern) zu überlassen, automatisiert die Runtime die Berücksichtigung dieses Aspekts.

Stakeholder

Wenn eine Automatisation nicht möglich ist, setze ich einen menschlichen Stakeholder ein, dessen (Haupt)Aufgabe das Wichtige ist. Sobald ich mehr mit Abarbeitung des Geplanten und des Kontinuierlichen und der Beobachtung des Wichtigen zu tun habe, als meine Arbeitszeit zulässt, sollte ich Teile des Wichtigen „outsourcen“.

Das gilt auch, wenn ich für das Wichtige unterschiedlich qualifiziert bin. Es mag genauso wichtig sein, eine neue Website aufzusetzen wie neue Kunden zu gewinnen. Aber ich bin besser qualifiziert, für mich Kunden zu finden, als meinen Website zu überarbeiten mit all den HTML5/CSS/JS-Feinheiten, die heute state-of-the-art sind.

Nach der Manifestation des Wichtigen im Kalender und im Rhythmus kommt also die Manifestation in Form einer Person. Damit bekommt das Wichtige zwei Beine, die immer wieder den Weg zu mir finden, um Input einzufordern. Das ist dann wiederum für mich wichtig und sollte ebenso geplant oder rhythmisiert werden.

Zusammenfassung

Wenn sich Dringendes immer wieder störend in unseren Arbeitsfluss mischt, läuft etwas falsch. Dann haben wir das Ruder aus der Hand gleiten lassen.

Unerwartet Dringendes gilt es mit aller Macht zurückzudrängen und zur Ausnahme zu machen. Stattdessen müssen wir versuchen, das Wichtige bewusst so zu konkretisieren, dass es sich wie Dringendes ausnimmt, geplantes Dringendes. So können wir auch erkennen, wenn es über unsere Kräfte geht. Dann müssen wir Hilfe suchen.

Es ist also nicht schlimm, wenn nur Dringendes erledigt wird. Wir dürfen uns davon nur nicht überraschen lassen. Umarmen wir also das Dringende. Machen wir uns seine Kraft zunutze.

Montag, 7. April 2014

Arbeitszeiteinteilung für Veränderung

Der Wunsch, irgendwie besser Software zu entwickeln, ist weit verbreitet. Irgendwas stört in jedem Projekt. Irgendwie hakt es in jedem Team. Viele leiden unter der Last von Legacy Code. Andere kämpfen mit Qualitätsproblemen oder unzuverlässiger Lieferung.

Zur Verbesserung der Situation lässt sich dann natürlich allerlei raten. Mehr Clean Code, konsequentere Agilität, bessere Infrastruktur, modernere Tools und Technologien usw. usf. bieten sich an. Die Wiese ist bunt und groß, von der man sich einen Strauß an Maßnahmen pflücken kann.

Der schönste Blumengruß kann jedoch keine Wirkung entfalten, wenn es an einer Vase fehlt. Dann freut sich der Empfänger – und weiß anschließend nicht recht, wohin damit.

Zunehmend scheint mir das der Fall zu sein. Organisationen kommen aus ihren Problemen nicht raus, weil es ihnen am Grundsätzlichsten fehlt, um überhaupt irgendwelche Maßnahmen umzusetzen.

Die Arbeitszeit ist nämlich gefüllt mit Tagesgeschäft, d.h. mit Dringendem, mit Zeugs, das einfach irgendwie weggeschafft werden muss.

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Da ist kein Raum, um irgendetwas anderes noch unterzubringen. Da ist auch kein Raum für Fehler – jenseits derer, die ja ohnehin passieren.

Überall wird ohne Puffer gearbeitet. Die Arbeit fließt so wie Berufsverkehr zur Rush Hour: Es geht voran, aber langsam. Und wehe, es hakt irgendwo!

Platz für Neues gibt es in solcher Arbeitsweise nicht. Der vorhandene Zeitraum ist ja schon ausgefüllt.

Und so sitzt man da in seiner Misere. Es tut weh, man weiß, dass es anders sein sollte, man ist guten Willens – aber man sieht sich auch außerstande, Maßnahmen anzugehen und verlässlich umzusetzen.

Am schönsten wäre es, wenn mit Tips & Tricks alles besser würde. Nicht lange lernen oder umdenken, nur hier und da eine Kleinigkeit ändern – am besten durch Einsatz eines Tools – und schon wird aus einer verstopften Autobahn eine Rennstrecke.

Nun… dazu kann man nur sagen: dream on!

So funktioniert es nicht. Nirgends. Das bedeutet nicht, dass nicht hier und da Tips & Tricks bewirken können. Nur reichen Tips & Tricks nicht aus. Eine Organisation, die über längere Zeit Schmerzen spürt, leidet an etwas, das tiefer liegt.

Um diese tiefer liegende Ursache angehen zu können, ist mehr nötig, als hier und da kleine Tips & Tricks umzusetzen. Dafür braucht es Raum, zeitlichen Raum und womöglich sogar physischen Raum.

Das Minimum in dieser Hinsicht sieht für mich so aus:

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Ja, ich glaube, weniger geht nicht. Und ich werde immer unwilliger, mit Organisationen zu arbeiten, die ihre Arbeit nicht so einteilen können.

  • Reflexion, 5% bzw. 2h/Woche: Ohne Reflexion gibt es keinen Weg. Reflexion bedeutet nämlich Innehalten, d.h. einen Punkt zu bestimmen, an dem man steht und von dem aus man betrachten kann, woher man gekommen ist und wo im Verhältnis zum Ziel man sich befindet. Gibt es Abweichungen, bietet die Reflexion Chance zur Kurskorrektur. Geradlinige Veränderung zum Besseren gibt es nicht. Verbesserung insbesondere chronischer Leiden ist kein ballistischer Flug; es kann keine Maßnahme “abgeschossen” werden, die nach einiger Zeit einfach ins Ziel trifft. Das gilt auf persönlicher wie organisatorischer Ebene. 2 Stunden Reflexion pro Woche sind für mich das Minimum, um insb. in expliziten Veränderungsprozessen, den Weg zu finden. Die können sich aus persönlicher Reflexion und Reflexion im Team zusammensetzen, z.B. jeder Einzelne pro Tag 15 Minuten und das Team einmal pro Woche 45 Minuten.
  • Lernen, 10% bzw. 4h/Woche: Methoden, Tools, Technologien, Konzepte sind ständig im Wandel. Wer glaubt, nebenbei durch gelegentliche Lektüre der c’t am Ball bleiben zu können, lebt in einer Illusion. Persönlicher Marktwert und die Fähigkeit von Teams nehmen ohne explizites und regelmäßiges fokussiertes Lernen ständig ab. Lernen passiert nicht nebenbei. Dafür braucht es einen speziellen Raum – und zwar innerhalb der Arbeitszeit. Mindestens 4 Stunden pro Woche scheinen mir das Minimum. Das kann ein Nachmittag sein oder zwei Mal 2 Stunden. Weniger Lernzeit en bloc jedoch bringt zu wenig Fokus. Was und wie gelernt wird, ist weniger wichtig, als dass gelernt wird. Lernen bedeutet: etwas anders machen als üblich, Spaß haben, Fehler erlauben. Es kann grundlegend gelernt werden, d.h. vom Inhalt her sehr frei, oder auch angewandt, d.h. schon mit Blick auf ein konkretes Problem. Organisationen, die im Wettbewerb stehen, können sich einen Verzicht auf kontinuierliches Lernen letztlich nicht erlauben. Wer nicht durch Lernen den state-of-the-art ständig exploriert, hat keinen “Wissenspuffer”, aus dem er Neues, Cooles, Begeisterndes schöpfen kann.
  • Strategisches, 12,5% bzw. 5h/Woche: Losgelassen frisst das Tagesgeschäft, d.h. das Dringende, das Plötzliche alle Arbeitszeit. Das darf aber nicht sein, denn das Tagesgeschäft ist nicht zukunftsorientiert. Es blick nur vor die Füße und zurück. Den Blick nach vorne stellt die Strategie dar. Sie definiert, was wichtig ist. Zu jeder Zeit gibt es in dieser Hinsicht auch nur ein Wichtigstes. Das gilt für jeden Einzelnen wie Organisationen. Ich nenne das den “Highlander”, weil es nur einen geben kann, einen wichtigsten Zielpunkt, auf den man zusteuert. Ist der erreicht, dann gibt es einen neuen usw. Was der Highlander-Zielpunkt ist, in welcher Entfernung er liegt… das ist einerlei. Gewiss ist jedoch, dass er nicht erreicht wird, wenn man sich ihm nicht konsequent Schritt für Schritt nähert. Das bedeutet für mich: an jedem Tag muss dem Highlander mindestens 1 Stunde gewidmet werden. Eine Stunde konzentrierte Arbeit für das wichtigste strategische Ziel sorgt dafür, dass die Verlässlichkeit extrem steigt.
  • Tagesgeschäft: Wenn Strategie, Lernen und Reflexion bedient sind, kann die restliche Arbeitszeit mit dem Tagesgeschäft gefüllt werden. Das gibt es und es wird bleiben. Aber es muss in seine Schranken verwiesen werden.

Es mag sich viel anhören, mehr als 25% der Arbeitszeit auf “so softes Zeugs” zu verwenden. Jahre der Beratungspraxis und Jahre der persönlichen Beobachtung meiner Selbstständigkeit haben mich jedoch zu der Einsicht gebracht: weniger geht nicht.

Weniger mag kurzfristig mal funktionieren. So wie man auch mal 100m sprinten kann und dabei das Atmen vergisst. Aber mittel- und langfristig ist weniger zu wenig. Wenig bedeutet Umherirren oder gar Stehenbleiben. Weniger erzeugt über kurz oder lang Schmerzen.

Das ist wie mit dem eigenen Körper: Nach einem strammen Spaziergang, ist es ok, die Beine hochzulegen. Aber wer 3 Wochen im Sessel verweilt, der entwickelt alle möglichen Probleme von Sehnenverkürzung über Muskelatrophie bis Dekubitus.

Natürlich stellt sich eine solche Arbeitszeiteinteilung nicht einfach so ein. Ein Poster auf dem Flur und eine markige Ansprache unter dem Motto “Wir wollen jetzt eine lernende Organisation werden!” sind nicht genug. Es reicht auch nicht, die Zeiträume für Reflexion, Lernen und Strategisches zuzugestehen. Das ist nur Förderung. Die ist notwendig, aber nicht hinreichend. Dazu muss Forderung kommen. Reflexion, Lernen und strategische Arbeit müssen eingefordert werden. Und das ist eine Aufgabe für das Management – sogar zunächst eine strategische.