Eine befreundete Autorin hat dort einen Roman veröffentlicht, "Die Martinis":
Der ist als eBook erschienen. Und das war´s. Weiter ist nichts geschehen (Stand Anfang Mai 2013), obwohl zum Autorenvertrag auch eine Taschenbuchausgabe gehört.
Der Verlag hat über mehrere Monate hinweg noch keinen passenden Partner für die Taschenbuchausgabe gefunden, sagt er. Gesucht wird, so nehme ich an, eine Druckerei, die print-on-demand bietet. hey! publishing möchte sich keine Exemplare auf Halde hinlegen.
Das finde ich völlig verständlich. In der heutigen Zeit tut das für ein simples Belletristik-Taschenbuch nicht mehr Not. Print-on-demand funktioniert gut: die Qualität ist hoch, die Lieferung schnell. Und immer mehr Menschen lesen ohnehin ein eBook. Allemal einen Roman.
Aber warum findet der Verlag keine Druckerei? Das verstehe ich nicht. Print-on-demand ist keine Neuigkeit mehr. Meine Vermutung: Man möchte die Kosten minimieren. Man möchte die billigste Druckerei finden. Das kostet wiederum Zeit, weil man vergleichen muss. Das kostet auch Zeit, weil man erstmal ein Verlagsprogramm aufbauen muss, um nicht nur mit 5-6 Titeln auf die Suche zu gehen, sondern mit einem größeren Programm. Das drückt ja weiter den Preis.
Das finde ich auch irgendwie verständlich. So hat man es immer schon gemacht.
Aber sollte man es auch weiter so machen?
Ich glaube, nicht. Ich glaube, man sollte nicht so auf Effizienz von vornherein schielen. "Wir bringen das Taschenbuch erst heraus, wenn wir die perfekte Druckerei gefunden haben!" Das halte ich für eine hausbackene Einstellung, die Chancen auf Gewinne ausschlägt.
Zum Vergleich ein anderes Buch von Nika Sas, "Der kastrierte Schokobär":
Dieses Buch habe ich mit Nika Sas im letzten Jahr zuerst im Rahmen eines Blogs online veröffentlicht. Und nun, da ich etwas Erfahrung mit dem Selbstverlegen durch mein eigenes Buch "Systematisch produktiver und zufriedener" gesammelt hatte, habe ich ihr geholfen, den Roman ebenfalls über amazon zu veröffentlichen.
Vom fertigen Manuskript bis zur Verfügbarkeit im amazon Shop hat das insgesamt ca. 8 Stunden Aufwand gebraucht:
- Konten und Titel bei createspace und Kindle Direct Publishing (KDP) anlegen
- Manuskript in createspace Template überführen
- Umschlag gestalten
- Umsetzungen durch createspace und KDP überprüfen
- Preise festsetzen
Dazu kamen noch ca. 2 Wochen Wartezeit auf Proofs, also Exemplare des Taschenbuchs, um die Qualität mit eigenen Händen zu prüfen.
Das war´s. Mit wenigen Stunden Aufwand ist Nika Sas mit ihrem Roman im Selbstverlag nun im Verkauf bei amazon sowohl als eBook wie als Taschenbuch. Das Geldverdienen kann beginnen. Und der Erkenntnisgewinn kann beginnen. Nika Sas kann durch ihre Präsenz Feedback generieren. Das halte ich für einen großen Vorteil.
Währenddessen sitzt hey! publishing noch an der Optimierung seines Titels. Man kann mit dem eBook etwas gewinnen. Aber mit dem Taschenbuch kann man nichts gewinnen. Es existiert nicht. Weder Durchsatz wird generiert noch Erkenntnisse.
Das halte ich für unzeitgemäß. Man optimiert einen Aspekt und verschenkt dabei Zeit und Gelegenheit. Wann der Aspekt optimiert ist, ist nicht absehbar. Autoren werden hingehalten, die Motivation sinkt. Wieviel die Optimierung im Vergleich zu einer suboptimalen vorläufigen Lösung mehr einbringt, ist auch nicht gewiss.
Was hätte der Verlag sich vergeben, wenn er zeitgleich mit dem eBook via createspace oder lulu.com oder epubli.de auch das Taschenbuch herausgebracht hätte? Klar, so hätte er weniger Marge gehabt. Aber wäre das so schlimm gewesen?
Wie gesagt: Mir geht es nicht darum, die Suche nach einer perfekten, nach einer effizienten Lösung aufzugeben. Wer meint, die finden zu können, der suche gern. Aber warum während der Suche nicht ein Zwischenergebnis veröffentlichen? Warum nicht mit Vorläufigkeit schon kleine Gewinne erzielen? Ein createspace Taschenbuch wäre für die Leserschaft ein Inkremente gewesen, das schon nutzt.
Ich denke, das ist ein Umdenken, das wir uns häufiger leisten sollten. Es geht um Sensibiliät für die mögliche Vorzeitigkeit von Optimierungen. Oder andersherum: Wir sollten den Mut haben, weniger als gewiss anzunehmen. Dann versuchen wir nämlich nicht, das vermeintlich Gewisse perfekt hinzukriegen, sondern nähern uns dem Ungewissen über vorläufige Schritte an. Das spart Geld, das stellt schneller Gewinn her. Mal "nur" Erkenntnisgewinn, mal aber auch schon ersten monetären Gewinn.
1 Kommentar:
Hallo Ralf,
wieder ein sehr gutes Beispiel für den Lean - Gedanken. Ich denke dieses Vorgehen lässt sich noch in vielen weiteren Bereichen einsetzen, vor allem in der Softwareentwicklung.
Das Elegante an dem Vorgehen ist, das alle Features direkt am Markt, bzw. direkt durch den Kunden überprüft werden, bevor viel Energie in deren Umsetzung gesetzt wird.
Gruß Thomas
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