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Freitag, 22. November 2013

eBook-Veröffentlichung im Fluss

Bücher veröffentlichen ist heute ganz einfach. Eigentlich. Denn ein bisschen Tüfteln muss noch sein, um den Prozess flüssig hinzubekommen. Aber ich denke, jetzt habe ich das im Griff. Ein Gespräch mit einem Lektor eines deutsches Fachbuchverlags neulich auf einer Konferenz hatte mich motiviert, es nochmal zu versuchen. Wir hatten darüber nachgedacht, was gerade Fachverlage tun können, um ihre Berechtigung in Zeiten des self publishing zu behalten.

Dazu fiel mir vor allem ein, dass sie Autoren helfen könnten, möglichst schnell und einfach Schreibmotivation in ein Buch umzusetzen. Der heutige Prozess mit Exposé, das vom Verlag erstmal abgesegnet werden muss, über Manuskript, das in Wochen und Monate verfeinert wird, bis zur Druckfahne und dann schließlich einem Druck… der ist nämlich sehr lang und weilig. Der schreckt so manchen would-be-Autor ab und lässt Buchprojekte trotz aller Verträge immer wieder auch unterwegs verrecken.

Klar, in dem Prozess entsteht auch Qualität, wenn er denn überhaupt begonnen und bis zum Ende durchlaufen wird. Aber ist diese Qualität wirklich immer den Aufwand wert? Bei so manchem Fachbuch bin ich da doch im Zweifel. Viele Lektorate sind fachlich überfordert und/oder überlastet, so dass das Resultat den Kaufpreis und damit den Aufwand kaum rechtfertigt.

Und andererseits kommt wahrscheinlich so mancher interessante Gedanke gar nicht erst an die Öffentlichkeit. Der Gedankeninhaber fühlt sich abgeschreckt durch den Verlagsprozess und der Verlag erwartet einen gewissen Umfang, der sich auch lohnt zu publizieren. Unter 150 Seiten mag man eher kein Buch beginnen. Schade um die Gedanken, die es in angemessener Darstellung nur auf vielleicht 90 Seiten bringen. Sie sind zu klein für ein Buch – und ein Blog hat ja auch nicht jeder Denker.

So hab ich im Gespräch mit dem Lektor gedacht, da könnten sich Verlage durch leichte, einfache Angebote noch in die Herzen von Autoren spielen. Oder… Hm… gibt es das nicht irgendwie schon? Was fehlt denn wirklich? Mit Kindle Direct Publishing und Createspace hatte ich ja schon Erfahrungen gesammelt im Zusammenhang mit einem eigenen kleinen Sachbuch und dem Roman einer Bekannten.

Also habe ich mich nochmal aufgemacht zu einem weiteren Veröffentlichungsexperiment. Inhaltlich wollte ich dafür nichts Neues produzieren. Es ging mir ja um den Veröffentlichungsprozess. Also habe ich einige zusammenhängende Artikel aus meinem englischen Blog zur Veröffentlichung in einem Buch ausgewählt.

Hier meine aktuellen Erfahrungen in drei Phasen:

1. Das Manuskript

Auch wenn ich den Inhalt des Buches schon hatte, musste ich ihn noch in ein Manuskript gießen. Blogbeiträge kann man nicht einfach veröffentlichen. Anders als bisher wollte ich aber nicht MS Word als Schreibwerkzeug benutzen. Daraus eBooks zu machen, war insbesondere bei meinem kleinen Sachbuch durchaus noch umständlich.

Stattdessen wollte ich es mal mit Markdown versuchen. Markdown verheißt Konzentration auf den Text. Die Formatierungsmöglichkeiten sind beschränkt, das Tooling ist einfacher. Es gibt für Mac und Windows einige Editoren, die Markdown zu einem Kinderspiel machen. Man kommt gar nicht in die Versuchung, spezielle Formatierungen einzusetzen, die bei eBooks ohnehin nicht sichtbar sind.

Hier ein Beispiel der Anfang des 2. Kapitels meines Experimentalbuches in Mou (für Mac OSX, unter Windows bietet sich MarkdownPad an):

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Markdown-Dateien sind Textdateien. Bilder sind nicht eingebettet. Das bedeutet, die Kontrolle über deren Auflösung ist direkter als bei Word: Es gilt, was auf der Platte liegt.

Für Markdown gibt es verschiedene Konvertierungen, allemal die nach HTML. Aber ich habe es mir einfacher gemacht, um von Markdown zum eBook zu kommen…

2. Die eBook-Herstellung

Die Wahl von Markdown fürs Schreiben war auch beeinflusst durch die Publishing-Plattform Leanpub. Dort will man es Autoren so leicht wie möglich machen, vom Manuskript zum eBook zu kommen. Genau das, was ich dem Lektor vermitteln wollte.

Wenn man bei Leanpub ein Buchprojekt aufsetzt, wird ein Dropbox-Verzeichnis bei Leanpub erstellt, das mit dem Autor geteilt wird. In dieses Verzeichnis legt er sein Manuskript als Markdown-Texte und den Abbildungen, so dass die Dateien zu Leanpub hin synchronisiert werden.

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Und wenn er eine Version seines eBooks herstellen will, dann drückt er auf einen Knopf im Leanpub-Adminbereich seines Buchprojektes.

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Kurz darauf steht das eBook als PDF, mobi und ePub Version in seiner Dropbox.

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Ein Leanpub-Konto und ein Leanpub-Buchprojekt lassen sich in wenigen Minuten aufsetzen. Die Technik ist also kein Problem. Sie tritt sogar so weit in den Hintergrund, dass man nicht anders kann, als sich auf den Inhalt zu konzentrieren: das Manuskript und die Metadaten im Projekt wie Klappentext, Autorenbeschreibung und vor allem Titelbild. Gerade das Titelbild kann da nochmal eine ordentliche Bremse sein. Denn wer gerne schreibt, muss nicht unbedingt auch gerne “malen”.

Wer sich davon nicht ins Bockshorn jagen lassen will, der verzichtet erstmal auf ein eigenes Titelbild und lebt mit dem von Leanpub generierten textuellen Titelblatt.

Vom Text zur ePub/mobi eBook-Datei ist es mit Leanpub ein Kinderspiel. Das ist fast so einfach, wie einen Blogartikel zu schreiben. Nur etwas Obacht bei Bildern! Die müssen eine passende Auflösung haben. Aber Leanpub meldet, wenn die bei Herstellung der Print-Version nicht groß genug erscheint. Ein paar Runden sind also ggf. zu drehen, bis Auflösungen und Bildgrößen im Text stimmen. Übung macht aber auch hier den Meister. Für einen ersten eBook-Schuss sollte das in jedem Fall kein Hindernis sein.

Aber was nun tun mit den eBook-Dateien?

3. Die Veröffentlichung

Leanpub hilft nicht nur bei der Herstellung von eBook-Dateien, sondern auch bei deren Monetarisierung. Wer nicht nur den Preview- sondern auch den Publish-Knopf drückt, der veröffentlicht sein Buch ohne weiteren Aufwand im Leanpub online Buchladen.

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Da kann man sehr komfortabel festlegen, wieviel man damit verdienen will. Und den Leser steht es durchaus frei, einen ihnen genehmen Preis zu zahlen:

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Wer mag, kann sein Buch auch schon als work-in-progress Werk anbieten. Interessenten können sich dann registrieren. Und wer schon kauft, wird später über Updates informiert.

Das ist alles sehr bequem für Autoren wie Leser, finde ich. Doch die Reichweite von Leanpub ist natürlich gering. Dort geht niemand zum Stöbern hin. Wer also weiter gesehen werden will, der muss bei amazon & Co vertreten sein.

Das ist zum Glück denkbar einfach. Leanpub stellt sich dem nicht entgegen, sondern motiviert dazu offensiv. Also habe ich die Print-Version meines eBooks genommen und bei lulu.com sowie Createspace eingetragen, um daraus Papierbücher machen zu können [1]:

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Das Titelbild musste ich dafür zwar leicht in den Abmessungen verändern, aber ansonsten war es sehr einfach: Leanpub-PDF hochladen, Klappentext eintragen, Titelbild hochladen, fertig. Jetzt warte ich noch auf die Proofs für die Bücher, bevor ich sie zum Verkauf bei lulu.com und amazon freischalte.

Aber nicht nur mit der Papierversion des Buches möchte ich natürlich weithin sichtbar sein bei amazon. Dort soll auch das eBook erhältlich sein. Das könnte ich über Kindle Direct Publishing leicht selbst machen, indem ich das Leanpub mobi-File dort hochlade – aber amazon will von mir, dass ich ein US-Steuerformular ausfülle. Das mag ich nicht. Da sind mir die Konsequenzen nicht klar.

Deshalb gehe ich einen kleinen Umweg über die Veröffentlichungsplattform xinxii. Dort habe ich einen Eintrag für das Buch angelegt und mein mobi-File hochgeladen.

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Und von dort habe ich die Distribution über amazon angestoßen. Das ist kostenfrei und dauert leider 7-10 Tage… aber es bleibt sehr einfach. So ist denn mein Experimentalbuch jetzt auch bei amazon zu haben:

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Der Preis ist bei Leanpub, xinxii und amazon derselbe. Kostenlos kann ich es leider bei xinxii nicht anbieten, also habe ich mich für den kleinstmöglichen Preis entschieden: 0,99 EUR. Aber ich denke, das sollte einer breiten Lektüre nicht im Wege stehen. Für weniger Geld als einen Coffee-to-go ist hier längerer Genuss zu haben :-) Das Thema: Was Nachrichtenorientierung eigentlich in der objektorientierten bedeutet.

Fazit

Selbstverlag ist kein Hexenwerk. Die Technik steht im Hintergrund. Autoren können sich auf Idee und Text konzentrieren. Von dort ist der Weg einfach zum eBook-Dateien, eBook-Veröffentlichungen auf verschiedenen Plattformen inklusive den großen und sogar einem echten Papierbuch.

Meine Empfehlung derzeit:

  1. Manuskript in Markdown aufsetzen
  2. Schnelle, womöglich iterative Veröffentlichung als eBook auf Leanpub
  3. Sobald zufrieden mit Inhalt und Form weitreichender veröffentlichen bei amazon & Co. Dafür die Hilfe von xinxii in Anspruch nehmen.
  4. Und als Krönung mit Createspace das Buch auf Papier bringen. (lulu ist für Belegexemplare teurer und hat mit seinem Shop natürlich nicht die Reichweite wie amazon.)

Das Gespräch mit dem Lektor war an einem Freitag. Am Sonntag danach hat mich der Ehrgeiz gepackt, zu sehen, wie einfach eine Veröffentlichung sein kann. Am Sonntag Abend war das eBook bei Leanpub fertig nach ca. 5-6 Stunden Aufwand der Umsetzung der Blogartikel nach Markdown. Am Montag war es bei xinxii veröffentlicht und zur Distribution bei amazon eingereicht – Aufwand 15 Minuten. Am Montag war es bei Createspace und lulu.com zum Druck eingetragen – Aufwand 1 Stunde für die Anpassung des Titelbildes und des Klappentextes.

Wer ein Manuskript in Markdown vorliegen hat, ist mit einem halben Tag weltweit am Start mit seinem Buch. Wer noch keines hat, tut sich einen Gefallen, in Markdown zu schreiben bzw. nach Markdown zu konvertieren. Ich habe mich damit auch bis neulich noch nicht ganz wohl gefühlt – aber das Gefühl habe ich inzwischen überwunden. Leanpub hat mich überzeugt. Noch nie war der Weg zu eBook-Dateien guter Qualität so kurz, finde ich.

Davon können sich Verlage eine Scheibe abschneiden. Denn da ist noch room for improvement, würde ich sagen. Warum Leanpub als Gegner und nicht als Ansporn oder Partner ansehen?

Endnoten

[1] Ein Tipp zum Format des Print-Buches: Es lohnt sich, darüber schon möglichst früh im Klaren zu sein, welches Format eine Print-Version des Buches haben soll. Denn das sollte zumindest von Leanpub wie dem Printbuch-Herstellen (Createspace, lulu) unterstützt werden. Ich habe mich für dieses Buch für US-Paperback entschieden.

1 Kommentar:

Mike Bild hat gesagt…

+1 TOP!

Dank für die Anleitung!

@Book: Very good way to transform from OOP to

A) functional (de)composition
B) benefits of FP, CPS and message passing
C) designing / redesigning / refactor
D) getting started into practice (C#)

Ciao, Mike