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Dienstag, 26. Juli 2011

Nachricht an den Buchhandel

imageWir werden immer mehr. Ich meine die Leser wie ich, die Bücher elektronisch konsumieren wollen. Vor einem Jahr war das für mich noch kein so großes Thema. Ja, da habe ich auch schon ab und an eBooks gelesen; doch seitdem ich iPad und iPhone habe, hat sich das Verhältnis umgekehrt. Heute lese ich 90% elektronisch und nur 10% auf Papier. Ein Papierbuch kommt mir nur noch in dein Einkaufskorb, wenn ich es nicht vermeiden kann – oder mich die Nostalgie übermannt.

Unvermeidbar ist ein Papierbuch für mich, wenn es entweder einen Inhalt hat, der sich auf Papier einfach besser rüberbringen lässt (Beispiel Bildband oder Schmuckband) oder der Inhalt aus heute eigentlich unerfindlichen Gründen (noch) nicht als eBook verfügbar ist, er mir aber unmittelbar wichtig erscheint.

Ich lese heute tagsüber meist auf dem iPhone und abends im Bett auf dem iPad. Das iPhone habe ich immer dabei, so dass ich mein Lesebedürfnis immer befriedigen kann, ohne einen Buchberg mitzuschleppen. Vorteil Mobilität, Nachteil kleines Display.

Das iPad habe ich nur zur Hand, wenn ich es extra einstecke oder eben daheim. Auch hier habe ich meine ganze Bibliothek im Zugriff. Vorteil Displaygröße, Nachteil geringere Mobilität.

Auf dem Laptop lese ich nur noch, was mir während sonstiger Arbeit darauf gerade vor die Augen kommt. Wenn ich es aber nicht sofort lesen muss, verschiebe ich es auf iPad oder iPhone.

imageUnd Papierbücher… die liegen bei mir nur noch herum. Ich habe noch größere Mengen, von denen mir einige auch lieb und teuer sind. Ich leere jetzt also nicht zwanghaft meine Regale. Doch über die Zeit werden sich die Reihen lichten. Fachliteratur veraltet oder interessiert mich nicht mehr; Belletristik ist eh nur selten wert, aufgehoben zu werden. 22 Kartons (ca. 1000 Bücher) hatte ich schon ausgelagert in ein “Archiv” im Keller; davon sind nun 11 Kartons durch Überschwemmung wertlos geworden und schon auf dem Sperrmüll gelandet. Die anderen werden wohl bald folgen – auch ohne Überschwemmung. Weitere 1000 stehen vor der Selektion. Regalplatz ist knapp; außerdem habe ich auf alles, was im Regal steht, keinen Zugriff, wenn das Regal nicht zur Hand ist. Und das ist recht häufig der Fall, weil ich viel auf Reisen bin.

imageBottom line: Pads und Smartphones sind ein Gottesgeschenk. Ich liebe sie, weil sie mir das Lesen vereinfachen. (Spezielle Lesegeräte wie OYO eReader oder Kindle Reader halte ich für vorübergehende Verirrungen. In 5 Jahren sind sie vom Markt verschwunden.) Durch die Digitalisierung lese ich also nicht weniger, sondern mehr. Damit meine ich Bücher und nicht ganz allgemein, was mir so im Internet vor die Augen kommt.

Und nun, Buchhändler, hergehört: Ich benutze euch, ohne, dass ihr davon etwas habt.

Klingt hart, ist aber so. Ich gehe gern in Buchläden. Da lässt sich so schön stöbern. Ein Buch anzufassen, darin zu blättern, Bücher ausgebreitet zu sehen, zwischen den Abteilungen einfach wechseln zu können… das ist toll. Ein Besuch im Buchladen ist immer total anregend, finde ich. Da schnappe ich ganz viele Leseideen auf.

Nur kaufen tue ich dort nichts mehr.

imageWenn ich ein interessantes Buch im Buchladen sehe, dann scanne ich die ISBN mit der Amazon App. Die zeigt mir dann, ob es dafür ein Kindle-Buch gibt. Wenn ja, dann lege ich mir das in meine Amazon-Wunschliste. Wenn nein, dann schaue ich bei libri nach, ob es ein eBook (ePub oder PDF) gibt. Wenn ja, lege ich mir das dort auf die Wunschliste. Sollte es kein eBook (auf Deutsch oder Englisch) geben, dann merke ich mir die Papierbuchausgabe – und schaue nach einem eBook später mal, wenn ich es wirklich haben will.

Was hat der Buchhandel davon? Nichts. Er liefert mir nur ein nettes Ambiente und eine Form der Übersicht, wie sie mir kein online Shop bieten kann. Ich halte den Buchhandel, nein, besser: die physische Buchpräsentation, also nicht für überflüssig. Auf keinen Fall! Ich liebe Bücher zum Anfassen, Stöbern. Regale sind toll, um sich inspirieren zu lassen.

Nur weiß ich nicht mehr, warum ich dann so ein Papierbuch (pBook) dort oder überhaupt kaufen soll.

Papierbücher haben ein paar Vorteile. Aber sie haben auch eine Menge Nachteile. Die sollte man nicht versuchen, als Vorteile oder auch nur als notwendige Attribute von Büchern zu verkaufen.

imageAuf diese Nachteile der pBooks und die Vorteile der eBooks werden in den nächsten Jahren noch mehr Leser stoßen. Allemal, wenn die Verlage erkennen, dass eBooks ein Mittel zur Kostenreduktion und/oder Margensteigerung sind. Denn dann werden eBooks preisgünstiger werden. Das führt dann aber nicht zu weniger Umsatz, sondern zu mehr. Bei einem Fachbuch als e/pBook für 39,00 EUR und mehr überlege ich länger, ob ich es mir kaufe. Wenn das eBook dann aber nur noch 14,50 EUR kostet… dann überlege ich nicht mehr. Dann kaufe ich es, selbst wenn mich nur 50% oder gar 25% davon echt interessieren.

Mit eBooks bin ich sehr viel näher am Impulskauf als mit pBooks. Heute ist ihr Kauf schon leichter: ein Link, dem ich zu Amazon folge, ein Klick, mit dem ich kaufe, ein weiterer Klick und ich habe das Buch auf meinem Rechner. Das dauert 20 Sekunden. Dafür musste ich mich nicht aus dem Haus bewegen und noch nicht einmal warten.

Günstiger ist der Kauf allerdings noch nicht. Das hält mich manches Mal noch davon ab, drauf zu klicken. Kindle-Bücher, die mehr als ihr papierernes Pendant kosten, sind widersinnig und kontraproduktiv. Doch das ist ein Problem der Verlage, nicht des Buchhandels.

Bücher sind toll. Buchläden sind toll. Deshalb kaufe ich aber noch lange nicht im Buchladen. Das ist meine Botschaft an den Buchhandel. Ich nutze ihn gern, trinke auch mal ein Käffchen beim Stöbern – doch einkaufen tue ich nicht mehr im physischen Laden. Und damit bin ich sicherlich nicht allein.

Die schlechte Nachricht ist also, dass der Buchhandel an mir und vielen anderen nicht mehr mit seinem Hauptprodukt verdienen kann. Jedenfalls nicht so, wie in den letzten 200 Jahren. Umdenken ist also nötig. Besser schnell als langsam. Denn der breite Umbruch steht vor der Tür, wenn Smartphones wie Pads besser und preiswerter werden. Bisher sind iPhone und iPad ziemlich einsam in der Qualität, finde ich – aber noch recht teuer. Doch Android und WP7 schlafen nicht, sie zögern nur. In 2-3 Jahren sieht der Device-Markt sicher rosiger aus.

imageWenn der Buchhandel dann nicht andere Angebote macht als eine billige Ecke mit ein paar abstrusen eReadern und 2-3 Büchern mit einer “Gibt es auch als eBook”-Banderole… dann wird es dunkel im Buchgeschäft.

Doch es gibt auch eine positive Nachricht: Ich und sicher auch viele andere lieben ja das Stöbern in langen, bunten Buchregalen. Wir haben also ein Interesse daran, dass es Buchläden weiterhin gibt. Wir möchten beides: bequem und preisgünstig mit unseren Devices lesen und (!) Bücher aufstöbern in angenehmer Atmosphäre.

Ich wünsche mir daher einen Dialog mit dem Buchhandel oder der ganzen Buchproduktionskette. Wo ist das Forum, in dem Leser, Buchhändler, Grossist und Verlage darüber diskutieren, wie für alle Beteiligten die Zukunft aussehen könnte?

Klar, es geht auch ohne Diskussion. Dabei wird es dann aber vor allem einen Gewinner geben: die Leser. Selbst wenn es radikal weniger Buchläden geben sollte, täte uns das nicht so weh wie den Buchläden selbst. Uns ist es relativ egal, ob wir Amazon oder libri unser Geld geben. Wenn wir aber unser “Stöbererlebnis” erhalten könnten, würde uns das noch besser gefallen.

Also, wann beginnt der Dialog zwischen der heute schon existierenden Zukunft der Leserschaft und dem Buchhandel? Wo ist der Buchhändler, der eBook-Leser wirklich ernst nimmt und uns ein unwiderstehliches Angebot macht? Apps wie “stories unterwegs” sind ja nett – deshalb kaufe ich aber kein pBook in dem Buchladen.

Und wann nehmen Verlage den Buchhandel als wertvollen Mittler zum eBook-Leser wahr? Derzeit sind die eBook-Margen marginal für den Buchhandel. Der ist also gar nicht motiviert, ein eBook statt eines pBook zu verkaufen. Er muss sich also quasi an die Planken des untergehenden Schiffs pBook klammern. Damit tun sich Verlage mittelfristig keinen Gefallen. Denn: Wenn der bunte Buchhandel vor Ort entfällt, konzentriert sich der Buchverkauf noch mehr auf die wenigen großen online Buchhändler, allen voran Amazon. Und die setzen dann die Daumenschrauben an. Ach was, das haben sie schon. Verlage sind also gut beraten, sich auch besser schnell als langsam mit dem lokalen Buchhandel zu verbünden zum Thema eBook.

Im Moment gehöre ich wohl noch zur Avantgarde der Buchleserschaft, wenn ich 90% als eBooks lese. Doch das ändert sich in den nächsten 5-10 Jahren. Ich würde mich deshalb freuen, wenn mir schöne Buchstöbererlebnisse auch darüber hinaus erhalten blieben. Noch ist es für den Buchhandel nicht zu spät. Ich hoffe, er kriegt die Kurve.

18 Kommentare:

Frank hat gesagt…

Du beschreibst das Problem. Ich vermisse die Lösungsansätze. Wie könnten die Buchhändler an dir verdienen? Welche Angebote müssten sie machen, damit du nicht mehr bei Amazon & Co kaufst, sondern direkt beim Buchhändler? Oder denkst du dir das so, dass die Buchhändler (oder besser Buchgaleristen) von den Verlagen finanziert werden, aus den Gewinnen, die die Verlage durch den Verlauf über Amazon & Co machen, nachdem du vom Buchgalerist zum Kauf inspiriert /animiert wurdest?

Anonym hat gesagt…

Erstaunliche Ansichten... auch ich habe ein kleines Buechlein von Dir im Schrank.

ich moechte solche Buecher wie:

"Event-Based Programming"- 2006
"Enterprise integration Patterns" - 2004
"Pattern-Oriented Software Architecture" - 1996
....
nicht in meinem Regal missen.

Und ich kaufe sehr gern in dem Buchladen ein, wo solche Klassiker
und natuerlich die aktuellen im Regal stehen!

Ralf Westphal - One Man Think Tank hat gesagt…

@Anonym: Auch ich habe pBooks im Schrank. Früher, weil es nicht anders ging. Morgen, weil es einfach manchmal schön ist oder weil es nicht anders geht.

Bitte versuche aber zu unterscheiden, wenn du schreibst, möchtest bestimmte Bücher nicht missen. Meinst du damit den Inhalt - das hoffe ich - oder meinst du wirklich, wirklich, dass sie in einem Regal bei dir stehen und Staub ansetzen und Platz für anderes wegnehmen?

Ich kenne das Gefühl, "gute Freunde" um mich zu haben. Inmitten einer kleinen Bibliothek zu sitzen, den "Leseschatz" zu sehen, ist schön. Doch inzwischen bin ich darüber hinweg ;-) Ich muss niemandem mehr etwas beweisen durch Zurschaustellung vieler Bücher. Mehr Mobilität beim Umzug, Platz für anderes, Vorteile elektronischer Bücher: all das ist für mich heute wichtiger.

Bücher im Buchladen kaufen, der sie mir im Regal präsentiert, finde ich auch gut. Wenn der aber nicht mein verändertes Lesebedürfnis versteht, dann habe ich keine Lust, mich für seine Starrheit krumm zu machen.

Die Lesewelt hat sich gedreht. Da sollte sich der Buchladen mitdrehen. eBooks sind möglich, eBooks haben Vorteile. Ich will sie nutzen. Ohne Nachdenken und Zögern.

Weil ich aber auch den Buchladen mag, das Stöbern, und weiß, dass er dafür Geld braucht, habe ich meinem Artikel hier geschrieben. Mir liegt am Buchladen. Also sollte eine Lösung gefunden werden, die die beiderseitigen (!) Bedürfnisse erfüllt. Dass du am Ende irgendwie weiterhin deine Regale vollstellen kannst mit pBooks, gehört dazu. (Ob die dann aber aus dem Buchladen kommen, lasse ich mal dahingestellt. Als Verlag Bücher auf Halde produzieren, wird immer unattraktiver.)

Ralf Westphal - One Man Think Tank hat gesagt…

@Frank: Den Begriff "Buchgalerie" find ich gut :-) Ja, darauf wird es wohl mehr oder weniger hinauslaufen.

Ganz bewusst habe ich aber keine Lösungsidee skizziert. Erstens habe ich natürlich keinen Masterplan in der Tasche - allerdings Ideen. Zweitens braucht es mehr Parteien am Lösungstisch. Drittens find ich es wichtig, dass erstmal alle Parteien sich allein und unbeeinflusst Gedanken machen.

Aber mal schauen... vielleicht beschreib ich nochmal die Richtung, von der ich meine, in die mal eine Bewegung losgehen müsste.

Blubberbart hat gesagt…

Tablet und E-Reader werden vermutlich irgendwann zueinander finden. Derzeit finde ich ein E-Ink-Display aber noch erheblich besser zum Lesen, als das LCD vom Tablet. Wenn geringes Gewicht, Kontrast und indirekte Ausleuchtung auch beim Tablet angekommen sind, brauchts meinetwegen keinen E-Reader mehr. Bis dahin schätze ich meine 10" E-Ink.

Matthias Geirhos hat gesagt…

Lassen wir die "Early Adopters" (wie uns) mal außen vor, dann wird es noch ein steiniger Weg, bis E-Books massentauglich werden.

Der Buchhandelsmarkt ist ein echter Markt, wenigstens aber ein Oligopol (nicht man nur die Großen). Wenn ich ein Buch kaufe, dann erwerbe ich Eigentum. Ich benötige den Buchhändler nicht mehr danach, es sei denn, ich möchte es zurückgeben. Und mit Amazon? Wollen wir wirklich einen ganzen Markt mit einem Monopolisten tauschen, einer amerikanischen Firma noch dazu?

Ich jedenfalls nicht, was mich andererseits nicht davon abhält, ebendort E-Books für den iPad zu kaufen. Meine Mindestanforderungen: Ein offenes Format, eine rechtlich verbriefte Garantie, dass ich dieses Werk auch auf anderen Geräten lesen kann. Die Möglichkeit, ein Buch zu verleihen. Und leichte Lesegeräte mit großem Farbdisplay, die preiswert genug sind, dass ich sie am Strand durch Unachtsamkeit einmal zerstören kann.

Nun arbeite ich in einem Verlag und habe deswegen noch mehr Wünsche: Zum Beispiel mehr Innovationskraft, mehr Entscheidungsfreudigkeit und das gesunde Selbstbewusstsein unserer Industrie, dass einer der größten Märkte dieser Erde nicht einen weiteren Markt vrschenken muss.

Und vielleicht können wir dann eines Tages zum Büchertanken wieder in die Buchhandlung gehen. Gut, den Duft der Bücher müssten wir dann simulieren, aber Du, Ralf, könntest dann dort wieder etwas kaufen. Und Deinen Kaffee trinken.

Ralf Westphal - One Man Think Tank hat gesagt…

@Matthias: Deine Wünsche an eBooks, eReader und Markt teile ich.

Technisch gibt es nicht wirklich ein Problem. Es ist allein eine Sache der Politik der Branche, d.h. der Summe dessen, was sich Verlage, online Shops, Buchhändler und Grossisten vorstellen können und was sie sich dann trauen.

Amazon hat es leicht. Mit seiner Reichweite und Größe kann es eine Technologie wie den Kindle aus dem Boden stampfen und auch noch gegenüber Verlagen Bedingungen diktieren.

Eine Branche für etwas ähnliches unter einen Hut zu bringen, ist viel schwieriger. Hier sehe ich Potenzial (und Notwendigkeit), dass der Grossist sich engagiert. Der kann sich ja schon deshalb nicht rausziehen, weil eigentl das ganze eBook-Geschäft an ihm vorbeigeht.

libri wäre in einer guten Position: mehr als 1000 Buchhändler haben bei libri ihren online Shop.

Auf der anderen Seite wäre eine Abhängigkeit des Buchhandels in dieser Sache von libri aber auch nicht gut. Vielleicht also doch mehr Eigeninitiative unabhängig vom Grossisten?

Innovation braucht es in jedem Fall vor allem bei Verlagen und Buchhändlern.

Dass der Grossist in einer eBook-Welt stark an Wert verliert ist klar.

Den Buchhändler bräuchten wir rein praktisch auch nicht mehr, wie Amazon oder lulu.com zeigen. Doch er ist mir zumindest etwas wert. Darum dreht sich ja mein Artikel. Eine Buchgalerie, ein Point-of-Presentation (wenn schon kein Point-of-Sales) finde ich nützlich.

Den Verlag bräuchten wir rein praktisch auch nicht mehr. Jeder Autor kann heute mit lulu.com selbst veröffentlichen. lulu druckt on demand und versendet on demand. Es gibt damit de facto eine direkte Verbindung zwischen Autor und Leser.

Über den praktischen Aspekt der Buchherstellung und Verteilung hinaus haben Verlage aber noch eine andere Funktion: Qualitätssicherung. Oder heute könnte man wohl eher sagen eine Kuratorfunktion. Wenn sie sich darauf besinnen, haben sie weiterhin Wert. (Dass daran auch Marketingkompetenz hängt, halte ich für zweitrangig. Solange der Buchhandel der einzige POS/POP war, zählte die noch wesentlich. Doch in einer Welt der elektronischen Bücher, der social media, der Empfehlungsengines usw. sinkt aus meiner Sicht der Verlagsverkäufer, der beim Buchhändler kniet und um Einkauf und gute Platzierung bettelt, stark an Wert.)

Bottom line: Insb. Verlage und Buchhändler müssen an einen Tisch, um das Thema eBook anzugehen.

Aber das wird eher nicht so schnell geschehen, glaub ich. Die Revolution oder Innovation kommt nicht vom Kommitee. Die kommt von einzelnen Mutigen. Hugendubel oder Thalia könnten vorpreschen und als offline Buchhändler einerseits Druck machen auf die Verlage für mehr eBook-Marge. Andererseits könnten sie für sich Dienstleistungen/Infrastruktur schaffen, die attraktiv für eBook-Afficionados sind.

Oder es schließen sich ein paar kleinere Buchhändler zu einer Interessengemeinschaft zusammen. Wenn sich die großen langsam bewegen, dann können die Kleinen Vorsprung gewinnen. Das wäre doch was.

Das würde sich auch erstmal ohne Kooperation mit Verlagen machen lassen. In kleinen Schritten voran und Erfahrung sammeln. Erstmal so tun, als würde die Marge auch für eBooks stimmen. So tun als ob; fake it until you make it ;-)

Ich wüsst da schon was... ;-)

Guido hat gesagt…

Man muss schon eine gewisse masochistische Neigung haben, um ganze Bücher auf einem Tablet oder gar iPhone zu lesen. So ist meine eBook Leseerfahrung mit diesen Geräteklassen. Das eBook wird sich durch die Einschränkungen der Displays dieser Geräteklassen erstmal nicht durchsetzen.
Aber, seit wenigen Wochen bin ich stolzer Besitzer eine Kindle. Damit ist das etwas ganz anderes. Auf diesem Gerät, mit dem E-Ink Display, ist das Lesen ein Erlebnis, welches dem Leseerlebnis eines klassischen Buches sehr sehr nahe kommt. Damit hat sich bei mir das eBook durchgesetzt und sogar meine Frau konnte sich dafür begeistern.
Herr Westphal, wir sprechen uns hier noch einmal, wenn es in fünf Jahren eReader mit E-Ink Displays oder deren Nachfolger in jeder Buchhandlung (die es dann hoffentlich noch gibt) zu kaufen sind.
Bis dahin warte auch ich darauf, dass endlich auch in Deutschland alle Bücher als eBook erhältlich sind.

Ralf Westphal - One Man Think Tank hat gesagt…

@Guido: Da bin ich dabei: " dass endlich auch in Deutschland alle Bücher als eBook erhältlich sind." :-)

Ob sich nun Kindle & Co durchsetzen werden oder wieder verschwinden oder es Hybride geben wird mit E-Ink Display und mehr Funktionalität... das finde ich hingegen weniger wichtig. Es tut auch meinem Thema keinen Abbruch. Der Buchhandel ist so oder so unter Druck. Das Medium eBook macht´s, nicht das Lesegerät. (Allerdings halte ich das Smartphone, mit dem ich im Buchladen stehe und einen Impulskauf im Internet tätige, für einen wichtigen Faktor.)

Schauen wir also mal in 5 Jahren weiter. Borders ist schon pleite, B&N ringt noch mit sich... wie wird es Hugendubel & Co dann ergangen sein?

Vom konkreten Lesegrät hängt das nicht ab. Aber von der Lesegewohnheit. Und die wird sich mit irgendeinem Lesegerät umstellen. Davon bin ich überzeugt. Das liegt einfach im Interesse des Lesers: er will weniger bezahlen für den Lesestoff. Das ist möglich mit eBooks. Und weil das möglich ist, wird es so kommen.

Bei der Musik sind wir nach Jahren der Weigerung der Musikindustrie nun endlich angekommen, glaub ich: bei <1 EUR pro Titel.

Für eBooks wird es auch dahin gehen. Früher oder später. <5 EUR pro Roman, <10 EUR für ein Sachbuch, <20 EUR für ein Fachbuch. (Alles nur Durchschnittspreisvorstellungen.)

Das wird so sein, weil alles andere von Verlagen nicht zu rechtfertigen ist. Wer als Verlag nicht mehr drucken muss und auch den Vertrieb zurückfahren muss (weil die Buchladenlandschaft zusammenschrumpfen wird; man spricht von 40% weniger Buchverkaufsfläche in den nächsten Jahren), der kann einfach nicht mehr Preise wie bisher aufrufen. Jedenfalls nicht einfach so.

Klar, es wird auch noch teurere Bücher geben, eBooks wie pBooks. Es gibt ja auch teurere Musik. Gegenüber solchen Premium-Produkten wird sich aber ein low-cost Markt entwickeln. Weil es einfach mit eBooks möglich ist. Die Leser werden es fordern, die Verlage werden es in ihrer Verzweiflung selbst so einrichten. Die Preisspirale geht nach unten.

Gute Ideen sind für den Buchhandel mithin doppelt teuer.

Matthias hat gesagt…

Meine Güte, Bücher ohne Verlage! Ohne Korrektoren, ohne Lektoren und ohne eine zweite Meinung. Sozusagen Bücher in Blog-Qualität.

Warum kaufe ich mir denn ein Buch, wenn ich doch alle Informationen im Internet finden kann? Ich möchte die Informationen aufbereitet, stets griffbereit, zusammenhängend und in lesbarer Qualität.

Ja, die Lesegeräte werden sicher bald viel besser. Im 21 Jahrhundert wünsche ich mir ein Farbdisplay. Da würde ich keine Kompromisse eingehen. Von wegen KO-Kriterium.

Das Beispiel mit der Musik hinkt ein wenig, finde ich. Man müsste es schon mit Filmen vergleichen. Die Musikkünstler haben einen großen Teil Ihrer Einnahmen verloren, über die letzten 10 Jahre. Aber Musik war immer schon in dem Moment "frei", da sie im Radio gespielt wurde. Das wirkt sich auf die Bereitschaft aus, Geld dafür auszugeben. Videofilme werden auch günstiger, aber lange nicht im dem Maße.

Toll finde ich Safari Books Online, das ich seit längerer Zeit nutze. Tausende (großteil aktueller) Bücher, das ist mir einen Monatsbeitrag wert. Vielleicht sehen wir in Zukunft eine Art "Kulturflatrate", wer weiß schon?

Ralf Westphal - One Man Think Tank hat gesagt…

@Matthias: Wer sagt, dass es keine Verlage mehr geben sollte? Keine Sorge, die sterben nicht aus. Zähes Volk ;-) Aber auch die Szene wird sich verändern. Die Verlage der Zukunft mögen nicht dieselben der Vergangenheit sein. Manche mögen sich wandeln können - andere brechen weg.

Safari Books ist gut - aber nur ein Anfang. Wenn Bücher erstmal modular gedacht werden und als anpassbar, wenn sie "lebendig" (oder dynamisch) werden... dann geht noch viel mehr.

Die Stadtteilbücherei bot auch schon Zugriff auf Bücher per Flatrate. Safari Books ist also nicht sooo innovativ. Dennoch hat Safari wohl etwas begriffen: in Zukunft geht es weniger um Besitz als vielmehr um Zugriff.

Die Entwicklung gibt es auch bei Filmen: bei Maxdome kann ich einen Film für 48 Std ausleihen für 3,99 EUR - oder kaufen für 10+ EUR. Mir reicht gewöhnlich der Zugriff für begrenzte Zeit. Damit wäre ich auch für die meisten Romane zufrieden und viele Fachbücher. Manche hingegen würde ich besitzen wollen.

Und wo bleibt da der Buchhandel: ich finde ihn immer noch wertvoll als Filter und Verzeichnis. Eine Buchhandlung muss durch die physische Begrenzung stark auswählen aus dem Angebot. Wenn sie das für meinen Geschmack gut macht, dann komme ich gern wieder und lasse Geld bei ihr. Dito, wenn sie mir ihre Auswahl hilfreich präsentiert, ich also leicht zu dem komme, was ich suche (oder auch nicht suche, aber trotzdem finde; unerwartet).

Die Beschränkung der Buchhandlung kann also aus meiner Sicht ein Vorteil sein. Die Buchhandlung als Vergrößerungsglas. Sie bringt mir nahe, was im Internet eher in wenig greifbarer Ferne schwebt.

vandango hat gesagt…

Ich finde gerade Romane im Regal sind mehr als nur Bücher, sie sind auch Einrichtungsgegenstände, die aus einem kalten leeren Raum eine gemütliche Bibliothek machen - inclusive Ohrensessel, Zigarrentisch und Weinbrandglas. Das alles bietet mir ein iPad nicht. Fachbücher lese ich auch fast nur als eBook, meist am PC. Aber der Roman ist mir zu schade - und sehr wichtig, als eBook zu teuer, um ihn im Regal zu missen.

Ralf Westphal - One Man Think Tank hat gesagt…

@vandago: Das Gefühl kenne ich. Dem habe ich auch lange gefröhnt. Und nicht nur mit Romanen.

Es ist nur so: der physische Platz ist begrenzt. Ich kann mir nicht immer wieder größere Wohnungen leisten, um den ganzen Romanen usw. Regalplatz um meinen Ohrensessel herum zu bieten.

Der Umzug wird auch immer schwieriger, selbst wenn die Wohnungen wachsen würden.

Nach einer langen Phase dieses Gefühls bin ich nun in einer anderen angekommen. Romande oder irgendwelche Bücher aufzustellen, ist nicht mehr wichtig. Romand-pBooks sortiere ich konsequent nach dem Lesen aus. Nur 1 von 5 ist es mir wert, aufgehoben zu werden. Warum sollte ich also die anderen 4 als pBooks mit ihren Nachteilen gekauft haben?

Ich gehe lieber den anderen Weg: als eBook lesen - und gelegentlich mal ein Tränchen vergießen darüber, dass ich nun eines von vielen Büchern nicht ins Regal stellen kann. Macht nix. Der Gewinn an Mobilität und Raum und Flexibilität (denn das eBook hab ich immer dabei; nein, nicht nur das eBook, sondern alle eBooks) ist es mir wert.

Aber das ist natürlich nur meine pers. Auffassung. Die will ich niemandem einreden - wenn ich auch überzeugt bin, dass auch du deine Lesegewohnheit ändern wirst. Spätestens, wenn Romande für deutlich weniger Geld als eBooks verfügbar sein werden. In Relation zu 500 Jahren Buchdruck wird das in sehr kurzer Zeit der Fall sein, vielleicht in 5-10 Jahren.

Guido (ein anderer) hat gesagt…

Ich bin ja ein von Technik begeisterter Mensch (übrigens kein Programmierer, allenfalls von Maschinensteuerungen), aber überraschenderweise ein "so gut wie gar nicht Benutzer" des Handys. Meist weiß ich nicht wo es gerade liegt und außer Telefonieren und SMS kann es auch nichts weiter. eBook-Reader, ja, hab ich schon drüber nachgedacht. Aus den täglichen Erfahrungen mit dem Notebook-Display, weiß ich allerdings, dass ich viel lieber Papier in den Händen habe (das kann ich auch so schön neben das Notebook legen und mal nachschlagen, ohne ständig Fenster öffnen, schließen, verschieben zu müssen). Mal ganz abgesehen davon; ein Raum ohne Bücher ist doch irgendwie "leer". Ich genieße den Anblick des Bücherregals in meinem Wohnzimmer und den Geruch und das Rascheln des Papiers, wenn man ein Buch aufschlägt. Ja. ich kaufe auch bei Amaz..., aber da kann ich nicht so schön stöbern, wie im Buchladen und auch nicht mal in einem Buch blättern und probelesen. Ich bin wohl ein hoffnungsloser Nostalgiker und eBooks können mir gestohlen bleiben.

Übrigens, schönes Blog. Ich bin zwar Hobbyprogrammierer, aber finde es dennoch sehr lehrreich, hier mitzulesen.

Ralf Westphal - One Man Think Tank hat gesagt…

@Guido (der andere): Hier ist nicht der Ort, dich von den Vorteilen von eBooks zu überzeugen. Nur soviel: Ich habe abseits von Fachbüchern auch lange gezögert. Der Durchbruch kam für mich interessanterweise gar nicht so sehr mit dem iPad, sondern erst mit dem iPhone. Denn das iPhone habe ich nun immer (!) dabei und kann immer (!) lesen, was ich will oder brauche. Meine ganze Bibliothek habe ich damit in der Tasche: den aktuellen Roman wie alle Sach und Fachbücher, die ich so parallel lese. (Und natürlich alles, was das Internet spontan bietet oder meine PDF-Sammlung und auch noch meine komplette Bürokorrespondenz, denn ich arbeite papierlos.)

Nein, für das Thema "Zukunft der Buchläden" ist es nicht nötig, dass du eBook-Leser wirst. Die fehlende eBook-Strategie des Buchhandels war für mich nur der Anlass zum Artikel. Auch ganz ohne eBook gehts dem physische Buchhandel schlecht genug.

Die Zukunft des pBooks sehe ich übrigens als gesichert an. Wenn du ein Regal voller Bücher liebst, besteht keine Gefahr, dass du diesem Hobby in Zukunft nicht mehr nachgehen kannst. (Ob du das in 10 Jahren noch in gleicher Weise willst, lasse ich mal dahingestellt ;-)

Manche Menschen sammeln Antiquitäten, andere Briefmarken, manche Schallplatten... das ist alles "Zeug", was mal top aktuell und unverzichtbar war, heute aber eben nicht mehr als eine Liebhaberei. Keine Post ohne Briefmarke, keine Musik daheim ohne Schallplatte - so war das mal.

pBooks waren auch mal top aktuell und unverzichtbar, wenn man lesen wollte. Doch die Zeiten sind nun vorbei. Wer pBooks kauft oder gar sammelt, tut das aus Liebhaberei und nicht, weil es nicht anders ginge.

Solche Liebhaberei wird noch lange ihren Markt haben. Keine Frage. Daraus werden sogar noch schönere Bücher als bisher erwachsen. Du wirst in den nächsten Jahren für allerliebste pBooks mehr Geld ausgeben können als bisher. Ich bin sicher, dass es Premium Books geben wird oder Custom Books. Warum nicht Harry Potter in limitierter Auflage handsigniert von der Autorin? Jeder Band 500 EUR. Oder warum nicht in begrenzter Auflage Edgar Allen Poe in der Übersetzung von Arno Schmidt mit Illustrationen von Boris Vallejo? Jeder Band 75 EUR. Hier ein Vorgeschmack, ein Autor, der das mit seinen eigenen Büchern schon so macht: http://www.theplucker.com/

Daneben aber - und das ist dann doch ein Punkt, der mit eBooks zu tun hat und deshalb den Buchhandel doppelt kratzen muss - wird es eBooks mit demselben Inhalt für viel weniger Geld als heute geben. Schlicht weil das möglich ist. Harry Potter pro Band <5 EUR. (Derzeit scheint es noch keinen Band als eBook zu geben; aber das kommt noch, keine Sorge.)

The Long Tail: den gibt es auch bei Büchern. Heute sind eBook-Leser am langen Ende, morgen pBook-Liebhaber :-) Und in jedem Fall muss sich der Buchhandel massiv bewegen. Denn pBook wie eBook kommen heute ganz leicht aus dem Internet in mein Regal oder auf mein reading device gebrummt.

Anonym hat gesagt…

Ich würde ja gerne die Buchgalerien nutzen. Aber seit Jahren geht das nicht mehr (zumindest bei Fachbüchern). Die Auswahl wurde immer schlechter und schlechter... inspirieren lassen ging nicht mehr. Und das schon zu meinen pBook-Zeiten. Tja und dann wurde halt nur noch bestellt. Früher pBooks, mit dem iPad jetzt seit einem Jahr eBooks... insofern hat sich der Buchhandel für mich mittlerweile leider total überblüssig gemacht. Und jeder (selten gewordene) Besuch einer Buchhandlung bestätigt mich darin... auch leider.

Ralf Westphal - One Man Think Tank hat gesagt…

@Anonym: Kann ich gut verstehen, dass deine Fachbuchhandlungsbesuche frustrierend waren.

Aber muss das so sein? Ich glaube, nein. Die Fachbuchgalerie müsste sich nur anders darstellen, ihr Geschäftsmodell müsste sich ändern.

Warum ist die Auswahl der Bücher in der Fachbuchgalerie so gering? Warum soll man da eigentlich vor allem Bücher kaufen?

Mir schwebt da gerade für Ballungsräume wie Hamburg, München, Berlin etwas ganz anderes vor. Denn worum geht es denn heute? Was kann der Zweck einer "Buchhandlung" sein? Zwischenlager der Verlage für deren Bücher auf dem Weg zu Leser? So war das früher. Oder Beschaffungshilfe? Kaum. Es geht nicht mehr um das "Ding". Endlich geht es nicht mehr darum.

Heute geht es um den Inhalt.

Nur ist darauf der Fachbuchhandel nicht wirklich eingestellt. Ich kenne keinen Fachbuchhändler (Thema Softwareentwicklung), der von der Materie echt Ahnung hätte. Was machen also diese Leute in den Fachbuchhandlungen? Es sind Logistiker. Die aber brauchen wir nicht mehr.

Wenn der Fachbuchhandel überleben will, dann muss er endlich (wieder?) seinem Namen gerecht werden. Er muss sich um Inhalte kümmern. Er muss helfen beim Finden oder gar bei der Vermittlung von Inhalten.

Leistet er das, verdient er auch Geld von den Lesern.

Fragt sich nun, was in Zeiten von online Bestellungen, Versand nach Hause und eBooks ein physischer Fachbuchhandel tun kann, um beim Finden und Vermitteln von Inhalten zu helfen. Da ist etwas Kreativität gefragt.

Svenja hat gesagt…

Geht mir genauso: Tagtäglich sehe ich immer mehr Leute auf der Straße bzw. in der Bahn. Klar ist das E-Book eine tolle Erfindung, ich persönlich finde aber das klassische Buch einfach viel anziehender.
Leider gibt es nicht allzu viele Leute, die so denken, wodurch der eigentliche Buchmarkt an Gewinn verliert.